Schauspieler

Der Markt für Schauspieler ist extrem uneinheitlich, das Angebot zu groß. Auch ist der nicht geschützte Titel „Schauspieler“ ziemlich beliebig verwendbar. Wer es ernst meint, studiert an einer der staatlichen Schauspielschulen, die immer im Herbst ihre Aufnahmerituale haben. Viele Hundert hoffnungsvolle Anwärter sind dann unterwegs, denn man kann die Schulen auf einer Ochsentour nacheinander abklappern in der Hoffnung, dass eine der Schulen einen aufnimmt. Sönke Wortmann hat in seinem Film „Kleine Haie“ dieser Tour ein Denkmal gesetzt. Puristen akzeptieren übrigens für eine Besetzung nur Schauspieler mit einer Ausbildung an der staatlichen Schauspielschule und mit Erfahrung an einer Bühne.
Die privaten Schauspielschulen sind ebenso viele wie vielfältige, einige taugen sogar etwas. Da sie relativ teuer sind, ist es immer schwer zu beurteilen, ob sie jemand annehmen, weil er oder sie talentiert ist oder weil sie das Geld brauchen.
Die staatlichen Schauspielschulen haben recht strenge Auswahlkriterien, die aber selbstverständlich je nach Schule variieren. (Schauspiel ist neben Handwerk eben auch Kunst und erlaubt sehr verschiedene Ansätze und Interpretationen.) Jede der arrivierten Schulen prägt und vermittelt einen besonderen “Stil” (Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch", Berlin; Max Reinhardt Seminar, Wien; Otto Falckenberg Schule, München etc.). Studenten dieser Schulen haben sicher überwiegend Theaterarbeit im Visier.
Der Ausbildung für die Bühne wird hier größeres Gewicht beigemessen als der Perspektive Arbeit vor der Kamera. Jungen künstlerischen Nachwuchs wählen Theaterintendanten dann auch im Wesentlichen bei den diversen Intendantenvorsprechen dieser Schulen.
Private Schauspielschulen geben der Vielzahl abgewiesener Bewerber eine weitere Chance auf einen Ausbildungsplatz. Auch hier sind Auswahlverfahren zu durchlaufen.
In Hinblick auf eine berufliche Perspektive gewichtet die Ausbildung der privaten Schulen das Arbeitsfeld vor der Kamera. Angesichts der Vielzahl von Programmstunden mit fiktionalen Programmen erscheint es realistisch, nach der Ausbildung in diesem Markt einen Platz zu finden. Ohne diese Beurteilung wäre wohl kaum ein Student bereit, über drei Jahre monatlich je nach Institut zwischen 300 und 600 Euro Schulgeld aufzubringen.
Einige der privaten Schulen haben sich über viele Jahre einen guten Ruf und damit einen Platz neben den staatlichen Schauspielschulen erarbeitet. Es werden keine Unterschiede gemacht, die Absolventen ebenso unvoreingenommen beurteilt wie die der staatlichen Schulen. Tatsächlich kann sich aber nur eine sehr geringe Zahl der Absolventen, besonders der privaten Schulen, am Markt positionieren, sehr wenige von ihnen können überhaupt ihren Lebensunterhalt mit der Arbeit als Schauspieler bestreiten.
Die Arbeitsfelder sind extrem unterschiedlich. Neben der Arbeit an Bühnen ist die Arbeit vor der Kamera der wichtigste Arbeitsbereich.
Selbst Kameraarbeit ist extrem unterschiedlich organisiert und fordert unterschiedliche Qualifikationen. Die Bandbreite reicht von der sorgfältigen Gestaltung eines Charakters für einen anspruchsvollen Kinofilm bis zur bloßen Darstellung eines Typs mit ellenlangen Textpassagen und ohne Gestaltungsspielraum.
Die realen Schnittzeiten des Tagespensums eines Schauspielers liegen da zwischen Szenenlängen von 2 Minuten in Kinoproduktionen bis hin zu 45 Minuten in täglichen, fast dokumentarischen Formaten.
Wem auch das zu mühsam ist, dem reichen einige Seminare, die von mehr oder minder kompetenten Trainern gerne auch mal nur für ein Wochenende angeboten werden.


Wer verdient was?


Die Unterschiede könnten größer nicht sein, fangen wir unten an:
Komparsen laufen durchs Bild und sind im Haufen zu sehen, sollen 60 Euro pro Tag erhalten und werden pauschal versteuert (d. h., es muss keine Lohnsteuerkarte abgegeben werden und es fallen keine Sozialversicherungen an).
Haben Sie einen Satz zu sagen, können Sie so etwa das Doppelte erhalten. Bei mehr als einem Satz plus ein bisschen Spiel (Im Laden: „Was möchten Sie?“ – „Bitte hier, ihr Rückgeld.“) sind Sie schon kein Komparse mehr, sondern Kleindarsteller, die nicht mehr pauschal abgerechnet werden können und 300–500 Euro erhalten.
Schauspielergagen fangen bei 700 Euro für junge Schauspieler ohne Erfahrung (und ohne Agentur) an, mit Bühnenerfahrung beginnt es etwa bei 900 Euro. Es gibt sicherlich auch Angebote, die deutlich darunter liegen.
Die Gagen sind kontinuierlich stark gestiegen, seit die privaten TV-Sender sich auf den Markt begeben haben, aber mit dem Abschwung gingen auch die Gagen runter. Seit ca. 2002 sinken die Gagen wieder. Davor wurden Programmplätze stark mit seriellen Produktionen bestückt, seit 2002 werden preiswertere Programme, insbesondere Unterhaltungssendungen, Talkshows, Quiz und Doku-Soaps von den TV-Sendern bevorzugt, was das Angebot deutlich verringerte. Gleichzeitig hatte der Boom für ein Überangebot an Schauspielern gesorgt und es waren so viele Schauspieler am Markt, dass hohe Gagenforderungen nicht mehr berücksichtigt werden mussten.
Ein Ende der Misere für Schauspieler ist immer noch nicht wirklich absehbar, da die neue Gesetzgebung jetzt Schauspieler zwingt, 365 Tage in zwei Jahren zu arbeiten, um einen Arbeitslosengeldanspruch zu haben, der früher über das Gröbste hinweghalf.
Auch wenn es eine reine Subventionierung der Schauspieler war, die nach EU-Recht nicht mehr zulässig war, ist der neue Zustand jedoch dazu geeignet, die Gagen noch weiter in den Keller zu treiben: Die fehlende soziale Sicherheit wird dazu führen, dass noch mehr Schauspieler ihre Dienste zu günstigeren Konditionen anbieten.
Telenovela- und Daily-Schauspieler werden mit Monatsgagen zwischen 6.000 und 13.000 Euro abgefunden. Hauptdarsteller bekommen natürlich deutlich mehr, die Hauptdarstellerin in einer Telenovela erhält dann auch gut und gerne mal zwischen 250.000 und 400.000 Euro für eine Rolle, die sich über ein halbes Jahr zieht (die reine Drehzeit ist meist deutlich kürzer).
Bei Serien unterscheidet man Ensemble (ständiges „Personal“ der Serie) und „Episodenrollen“:
Die gute deutsche Serie (13 Folgen pro Jahr) bringt einem Schauspieler pro Drehtag 1.800 Euro. Für interessante Darsteller in durchgehenden Rollen kann es auch gerne mal etwas mehr sein. Deren Tagessatz liegt dann auch mal bei 2.200 Euro.
In Serien, insbesondere in sog. Weeklys, werden für das Stammpersonal Pauschalen ausgemacht. Auch hier wird gerne monatlich abgerechnet, die Beträge bewegen sich zwischen 8.000 und 20.000 Euro.
Der Fernsehfilm als Königsklasse und Premiumprodukt des TV versucht stets mit bekannten Schauspielern zu arbeiten, die auch hoch dotiert werden. Dadurch bleibt für die weiteren Schauspieler schon ein geringeres Budget übrig, denn auch die Schauspieler werden von den Geldgebern ziemlich pauschal in den Budgetierungen angesetzt.
Natürlich berechnet auch ein Sender gerne einen Aufschlag für einen seiner Lieblingsschauspieler, aber eigentlich passiert das selten und es wird immer alles zusammengerechnet und der Produzent muss sehen, wie er damit hinkommt.
Die Stars dieser Filme erhalten Tagesgagen von etwa 3.500 Euro bis 8.000 Euro.
Da es dann unter Schauspielern auch noch besonders begehrt ist, einen TV-Movie zu spielen, im Gegensatz zur Serie, sind die Unterschiede zur Serie nicht mehr so groß, wie sie es einmal waren.
Auch die Sender unterscheiden sich in den Gagen, die sie zahlen: Die ARD und das ZDF haben früher den Hauptrollen eine Wiederholungsgage gezahlt, heute versuchen sie, das zu vermeiden, wann immer es geht. Damit einher ging aber keine Erhöhung der Gagen, insofern zahlen sie heute weniger als die privaten Sender. Hauptrollen erhalten meist 10 % des ursprünglichen Gehalts. Anders als bei Autoren, die 100 % betrugen.
90.000 Euro bis 100.000 Euro für eine Hauptrolle sind nicht unmöglich. Wir sprechen aber jetzt von Premium-Prime-Time-Produktion, nicht gemeint sind kleine Fernsehspiele oder das „Debüt im Dritten“. Für die letzten beiden Produktionen werden Jungschauspielern immer wieder nur Pauschalen angeboten, die gerne mal jede gängige Norm unterschreiten und nur ein paar Tausend Euro betragen.
Etwa 15% aller Schauspieler werden von Agenten vertreten, die sich sehr dafür einsetzen, die Gagen auf einem vernünftigen Niveau zu halten.
Ähnlich wie die Bandbreite der Formate vom TV-Film in Kinoqualität bis hin zur Dokusoap sind die angebotenen Gagen. Budgets für Dokusoaps oder fiktionale tägliche Programme sind so knapp bemessen, dass Tagesgagen von € 250 für Anfänger und € 700 für erfahrene Kollegen mit langer Theater- und Fernsehvita üblich geworden sind. Verhandlungsspielraum “0”. Eine Vielzahl arbeitsloser Schauspieler steht in Konkurrenz um eine immer geringer werdende Anzahl zu besetzender Rollen. Die wenigsten können sich erlauben, ein Angebot auszuschlagen.
Der Erosionsprozess der Gagenhöhen hat aber auch die sogenannten Premiumformate erfasst. Ein Rollenangebot für 1.300 Euro für einen Drehtag, bei selbstfinanzierter Anreise von Berlin nach München mit privater oder preiswerter, aber selbst zu tragender Unterbringung, sind übliche Angebote. Und das für die Mitarbeit von Schauspielern an TV-Movies privater Sender, die noch vor drei Jahren mit € 2.000 vergütet wurde. Anreise und Unterbringung wurden damals selbstverständlich von der Produktion organisiert und gezahlt.
Sicher haben sich mit dem Markteintritt der privaten Sender die Gagen für Schauspieler in kaum noch zu kalkulierende Sphären entwickelt.
Einzig das ZDF hat durch eine restriktive Gagenpolitik einen annähernd stabilen Rahmen halten können.
Die derzeitige Situation bildet ganz schlicht Marktparameter ab. Einem Überangebot an Schauspielern steht eine relativ geringe Nachfrage gegenüber, die Anzahl von Programmplätzen für Eigenproduktionen der Sender für ausreichend budgetierte fiktionale Programme (TV-Movies oder Serien) ist zugunsten preiswerter internationaler Programme (US-Serien oder Kinofilme) deutlich verringert. Für die wenigen Premium-Produkte rekrutieren Sender und Produzenten aus Angst vor Quoten-Misserfolgen die beim Publikum bekannten immer gleichen Schauspieler.
Die meisten Timeslots, auf denen Eigenproduktionen programmiert werden, sind äußerst knapp budgetiert.
Eine relativ konstante Anzahl preiswerter täglicher Formate verschafft den glücklichen Auserwählten für sechs Monate bis zu einem Jahr Arbeit. Fast zu allen Bedingungen sind diese Schauspieler gezwungen zu akzeptieren. Von den ca. 18.000 dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Schauspielern gilt das wahrscheinlich für mindestens 15.000.